Page 134 - Berufsmode Schiefer - FHB 2021
P. 134

Deutschleder
Der Gigant unter den Zunftstoffen
Deutschleder ist die wohl beste Mogelpackung aller Textilien: stark und fest wie Leder und doch „nur“ aus Baumwolle. Und zwar zu einhundert Prozent. Deutschleder wurde regelrecht aus der Not geboren: Zu Zeiten der Industrialisierung entwickelten die Engländer das Vorgänger-Gewebe, das ‚english leather’, um damit die Arbeiter an den Hochöfen vor Funkenflug zu schützen (und ganz nebenbei die wesentlich teureren Rindlederschürzen zu sparen). Den letzten Schliff gaben die Arbeiter ihrer Schürze durch
eine Abreibung mit feuchtem Lehm.
Die Deutschen setzten noch einen drauf und entwickelten den Lederersatz weiter. Heraus kam ein besonders festes Gewebe mit ungewöhnlich starken Kettgarnen und einer hohen Dichte von Schuss- garnen – das Deutschleder war geboren. Charakteristisch ist die glatte, leicht glänzende Außenseite und die angeraute Innenseite. Deutschleder ist fast unverwüstlich und echt gewichtig mit satten 600 Gramm pro Quadratmeter. Ein Gigant eben. Nur in der Waschmaschine macht er sich klein:
Wegen der Bindungsart läuft Deutschleder in der Weite zirka zwei Zentimeter ein.
Trenkercord Der Cord für die Ewigkeit
Die Dreidrahtkette – im 18. Jahrhundert war Cord das Stöffchen der Schönen und Reichen. Nur Könige und gut betuchte Adelige konnten sich den edlen Rippensamt („cord du roi“, „corduroy“) leisten, der damals zumeist aus reiner Seide gewebt wurde. Statt des schönen Scheins brauchten
die französischen Landarbeiter und die englischen Bergwerksarbeiter aber etwas Handfestes, Derberes. Also entwickelten sie auf ihren Webstühlen einen robusten Cord. Mit dreifach gezwirnten Kettfäden, die Dreidrahtkette, so reißfest wie eine Kette. Mit bis zu 100 Schussfäden pro Zenti- meter unheimlich florfest.
Damit war die erste „Schutzkleidung“ erfunden. Hosen aus diesem robusten Cord vermitteln dem Träger Sicherheit und – so scheint es – eine Portion Mut: Unter anderem trugen sie die Arbeiter, die die Bastille in Paris stürmten, die Matrosen, die sich bei Trafalgar schlugen, und der „König der Berge“, Luis Trenker, bei seinen Gipfelstürmen. Und alle kamen mit Erfolg ans Ziel. Kein Wunder also, dass die Erfolgsgeschichte des Dreidrahtcords bis heute andauert. Die reisenden Gesellen wagen sich hauptsächlich in diesem Cord auf ihre Tippelei. Denn welcher Stoff könnte sonst drei Jahre und einen Tag pures Abenteuer überstehen?
128
























































































   132   133   134   135   136